CAMINA – Johannes Lauer Trio
Johannes Lauers Trio mit dem dänischen Kontrabassisten Jonas Westergaard und dem amerikanischen Schlagzeuger Joe Smith ist geradezu ein Prototyp dafür, wie man Ererbtes nicht als Last empfinden kann, sondern als Voraussetzung des Freiwerdens. Spielfreudig, subtil und gleichzeitig massiv umtanzt es Standards wie Joshua Fit The Battle Of Jericho” oder „ ,Sometimes | Feel Like A Motherless Child”, widmet sich der gemeinsamen Liebe zum Swing und den Songs der Billie Holiday. Dem fügt es eigene Stücke hinzu, die den Geist der Ahnen im Heute verorten.
Heftig werden die Melodien variiert, um und um gewendet, bis die Beine zucken. Das ergibt kühne Sprünge aus vorbeschrifteten Schubladen, ist voller Hingabe und ein großartiges Live-Erlebnis. Diese Musik ist handgemacht, randvoll mit Power und unverkopften Finten. Sie spielt wohlig mit der Tradition und ist doch alles andere als ein Nostalgieprojekt ohne Vision. In der Summe ist das ein musikalisches Bekennerschreiben und eine mitreißende Verbeugung vor den Ahnen einer großen und vitalen Geschichte.
Geschichte hat immer schon stattgefunden. Müßig wäre es, das ignorieren zu wollen, arrogant und überflüssig. Man muss das Rad nicht neu erfinden, sein Funktionieren aber lässt sich perfektionieren. Dazu aber muss man sein Handwerk gelernt haben, zupacken können und wollen. Die Posaune ist ein zupackendes Instrument, jedenfalls
dann, wenn so einer wie Johannes Lauer sie spielt. Er bringt sie zum Singen und Swingen. Ledern oder metallisch lässt er sie klingen, balladesk oder mit angezogenem
Tempo. Zeitlos ist das, weil es über den Tag hinausweist, voller Kraft und eben deswegen so plausibel, weil es nie seine Erdverbundenheit verliert. So kann der Augenblick immer währen, weil der Funke des Enthusiasmus überspringt auf den Hörer.
Joe Smith ist ein Schlagzeuger, der mit den Besen schmeicheln kann und immer wieder punktgenau akzentuiert. Komplett stellt er seine stupende Technik in den Dienst der Musik, die er virtuos und trickreich voranbringt. Wie auch Jonas Westergaard ist er viel zu gut, um die anderen überrumpeln zu wollen. Der Bassist kann straight treiben oder melodische Kontrapunkte setzen, kann wie alle hier mit dem Blick zurück nach vorn aufbrechen. Diese energie- und zuneigungsvolle Musik ist ein Fest für den Hörer, sie hat Druck, Dreck und Dringlichkeit.
Ulrich Steinmetzger